Die Abrahamskirche
eine romanische Kirche aus dem 12. Jahrhundert
Geschichte: Der Überlieferung nach hat ein Adliger, dessen Kind bald nach der Fahrt zur Taufe in der Neerdarer Kirche verstarb, auf Bitten seiner Frau die Welleringhäuser Kirche gestiftet. Bei dem Edelmann soll es sich um Abraham zu Welterkusen, einen Knappen der Grafen zu Arnsberg gehandelt haben. Diese verliehen Abraham das Patronatsrecht, das heißt eine umfassende Fürsorgepflicht für den Bau der Kirche und den Unterhalt des Pfarrers. - Die erstmals 1351 urkundlich erwähnte Kirche zählt zu den kleinsten und schönsten unter den romanischen Dorfkirchen Waldecks. Eine selbständige Pfarrei hatte Welleringhausen aber nur zu Anfang des 14. Jahrhunderts. Kirchenbucheintragungen als kleine Filial-Kirchengemeinde finden sich für 1673-1714 in Neerdar und ab 1715 in Eppe. Seit 1969 gehört Welleringhausen als Kirchengemeinde zum Kirchspiel Usseln.
Romanische Kirche: Die Welleringhäuser Kirche steht am höchsten Punkt, am Nordrand des Dorfes. Das Bauwerk wurde als einheitliche romanische Anlage vermutlich im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts erbaut – aber wohl nicht als „Wehrkirche“, obwohl das Mauerwerk über einen Meter dick ist, die Fenster ursprünglich kleiner waren und der Zugang zum Kirchturm und Glockenraum nur durch eine kleine Rundbogenöffnung im Kirchenschiff in einer Höhe von ca. 3 Meter möglich ist. Da die südliche Eingangstür von innen mit Holzbalken gesichert werden konnte, kann man aber annehmen, dass die Kirche früher auch als Zufluchtsort für die Dorfbewohner in kriegerischen Zeiten diente. Es ist kennzeichnend für die romanische Architektur der Kirche, dass ihre drei Bauteile, der eingezogene quadratische Chor auf der Ostseite, das einjochige rechteckige Schiff und der quadratische Westturm wie in einem Baukastensystem aneinandergesetzt sind. Sie haben jeweils ein Satteldach mit gleicher Neigung und verleihen dem Gebäude mit ihrer treppenartigen Firstlinie eine charakteristische Silhouette.
Befestigter Kirchhof: Die beiden Torpfosten des Kirchhofs zur Dorfseite hin sind zeitweise als die letzten original erhalten gebliebenen Reste einer ursprünglich starken äußeren Befestigungsanlage gedeutet worden. Im Kirchhof selbst findet man noch einige einfache Grabstelen aus dem 18. und 19. Jahrhundert.
Äußeres: Die Kirche wurde zum größten Teil aus großen Sandsteinquadern, mit lagerhaftem Bruchstein untermischt, erbaut. Der Sandstein stammt nicht aus der Umgebung und muss daher von weit her beschafft worden sein. Der Turm wirkt gedrungen, als schlichtes Massiv über einem Plattensockel erbaut. An der Westwand des Turmes sieht man Eisenanker, die als Jahreszahl 1663 ausgeschmiedet wurden. In der Südwand des Schiffes befindet sich der Eingang, ein Rundbogenportal in rundbogiger Blende und auf der Nord- und der Südseite jeweils eine in der Barockzeit erweiterte Fensteröffnung. Im Chor ist auf der Süd- und Ostseite je ein spätgotisches Fenster aus dem 15. Jahrhundert, im Giebeldreieck eine kreuzförmige Luke.
Inneres: Alle Innenräume sind mit Hängekuppeln unterwölbt und weisen nur Gratansätze auf. Der Zugang vom Schiff und Chor ist auffallend eng - eine in Upländer Kirchen mehrfach zu beobachtende Eigenheit. Sein Rundbogen ruht auf Kämpfern mit Platte, Plättchen, Wulst und Kehle.
Innenausstattung: Der gemauerte Altar, mit einer Deckplatte aus Sandstein (noch mittelalterlich?) und seinem Altaraufsatz aus der Zeit um 1600, ist das älteste Kunstwerk in der Welleringhäuser Kirche. Das Altarblatt zeigt das Golgatha-Geschehen. Seitlich stehen je zwei Evangelisten in zwei Blendfüllungen, darüber eine Gethsemane-Szene und ein kleines Kruzifix. Der Taufstein im Chorraum stammt aus dem Jahre 1662. Die silberne Taufschale wurde 1998 von Familie Knipp gespendet. Barocke Schnitzereien: Die barocke Innenausstattung ist typisch für viele Waldecker Dorfkirchen. Aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammt die 1,75 Meter hohe Holzkanzel. Sie steht jetzt in der nordöstlichen Ecke und ist in Form eines 5½-seitigen Korbes mit kleiner Fußstütze gefertigt worden. An der Nordwand des Chores befindet sich die geschnitzte Umkleidung des Wandtabernakels. Es wurde 1702 von dem bekannten Waldecker Holzschnitzer und -bildhauer Josias Wolrad Brützel aus Immighausen gestaltet. Eine Besonderheit ist das als Brützels Frühwerk bezeichnete, 1675 erbaute Kirchengestühl, welches von ihm - im jungen Alter von 22 Jahren - mit Flachschnitzereien verziert wurde. Im gleichen Jahr hat er die Schnitzereien der „Küster-Empore“ angefertigt und mit seinem Namenszug versehen. Auch die feste Eingangstür aus dem Jahre 1702 wurde von Brützel hergestellt. Orgel: Im Jahre 1778 erhielt die Kirche ihre erste Orgel, und es wurde eine Orgelbühne gebaut. Im 19. Jahrhundert wurde eine Vogt-Orgel eingebaut, im 1. Weltkrieg einiger ihrer Pfeifen beraubt (Metallspende), 1925 wieder ergänzt. Aktuell wird eine 1990 angeschaffte Bosch-Orgel benutzt.
Alte Kirchenglocke: Die bronzene Kirchenglocke von 66 cm Höhe und 58 cm Durchmesser ist ein besonders Kleinod. Sie wird ins frühe 14. Jahrhundert datiert und weist am Hals eine teils schlecht lesbare lateinische Inschrift auf. Übersetzt lautet sie in etwa: „Die göttliche Stimme erklingt, damit niemand die Hoffnung aufgibt.“ Wegen eines Risses wurde die Glocke von einer Nördlinger Spezialfirma geschweißt und kehrte vor Weihnachten 1982 wieder an ihren angestammten Platz zurück.
Renovierungen: Die Kirche wurde im 20. Jahrhundert dreimal renoviert. Im Zuge der Renovierungsarbeiten aus dem Jahren 1927 und 1963 wurden die Innenräume neu gestrichen sowie der Altaraufsatz und andere Schnitzereien restauriert. Bei der Innenrenovierung in 1963 wurde die Anordnung des Kirchengestühls durch die Entfernung des Mittelganges zum Chor stark verändert. Entfernt hat man auch die 14 Kindertotenkränze aus dem 19. Jahrhundert (einige davon sind heute im Korbacher Wolfgang-Bonhage-Museum ausgestellt). Die Empore oberhalb der Orgel, die auch als Zugang zum Glockenturm diente, wurde abgebaut. Das – nach der Schaffung eines Außenzugangs zur Sargkammer im Turm - rissig gewordene Mauerwerk wurde im Jahre 1997 in einer sehr aufwändigen Baumaßnahme wieder befestigt und die Dachbalkenkonstruktion komplett überarbeitet. Im Frühjahr 2004 begann eine erneute Innenrenovierung, die dann im Dezember des Jahres abgeschlossen war.
Namensgebung: Kirchenvorstand und Pfarrer haben im Laufe der Jahre immer wieder versucht herauszufinden, welchen Namen die Kirche ursprünglich einmal trug. An Pfingsten 1998 erhielt sie dann im Rahmen einer feierlichen Taufe ihren heutigen Namen: Abrahamskirche.
Quellen: Bau und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel / Romanische Dorfkirchen im nördlichen Waldecker Land / Tausendjähriges Welleringhausen / Ortssippenbuch